Best of best of Online-Recherche
Anfang Juli saß ich an einem Samstagmorgen in einem Seminarsaal in Hamburg und überlegte, ob es nicht besser wäre, wieder zu gehen. Es war der zweite Tag der Jahrestagung des Netzwerks Recherche. Ich war etwas spät gewesen. Beim Storytelling-Panel gegenüber hatten die Leute bis vor der Tür gestanden, weil es drinnen so voll war. Also ging ich rüber zu Paul Myers. Da kam man wenigstens noch rein. Das war aber auch der einzige Grund, warum ich hier landete.
Das Panel hieß „Best of Online-Recherche – eine Roadshow mit Paul Myers“. Myers durchsucht beruflich für die BBC das Netz. Er saß in einem St.-Pauli-Trikot vor einem Computer. Hinter ihm auf der Leinwand sah man Google. Ich setzte mich vor die erste Reihe auf den Boden und erwartete ich nicht viel. Als ich nach einer Stunde wieder ging, dachte ich: Das könnte man mal aufschreiben.
Es kann natürlich sein, dass ich der Einzige war, der bei Paul Myers noch was gelernt hat. Aber für den Fall: Ihr wisst ja, wie ihr hier rauskommt.
Ich fang vielleicht mal mit Facebook an. Irgendwann im letzten Jahr habe ich mit einem Auge flüchtig gelesen, dass es eine neue Suchfunktion gibt, die „Facebook Graph Search“ heißt. Mit dieser Funktion kann man noch viel mehr Kram finden als ohnehin schon. Benutzt hab ich sie dann trotzdem nie. Das ging allerdings auch nicht, weil es sie in der deutschen Facebook-Version gar nicht gibt. Es ist aber nicht ganz so schwer, die Sprache umzustellen. Unter Einstellungen. Oben rechts. Englisch (US).
Wenn man das gemacht hat, kann man das Netzwerk anhand all der Eigenschaften durchsuchen, die die Leute leichtsinnigerweise selbst angegeben haben. Wo sie wohnen. Wen sie kennen. Was sie mögen. In Lokalredaktionen sucht man vor WM-Spielen zum Beispiel traditionell nach Menschen aus dem Land der WM-Gegners. Das geht dann so:
„People from ‚WM-Gegner‘ who live in ‚Heimatstadt‘ and are friends of my friends“.
Für die Leute, die suchen, ist das wirklich praktisch. Für die anderen oft nicht ganz so. Warum, kann man auf dieser Seite sehen. Tom Scott hat mithilfe von Graph Search zum Beispiel verheiratete Menschen ausfindig gemacht, die auf Prostituierte stehen. Er hat Firmen gefunden, deren Mitarbeiter Facebook ihre Sympathien für Rassismus anvertraut haben. Und er hat Single-Frauen gesucht, die in der Nähe wohnen und sich gerne betrinken. Auch das erfolgreich. Wobei die ja vielleicht sogar gefunden werden wollten.
Es auch gibt noch eine andere Möglichkeit, Facebook zu durchsuchen. Und das ist jetzt nicht ganz so überraschend: mit Google. Ich ahne, dass das schon viele wussten, aber trotzdem noch mal ganz kurz: Mit ein paar Befehlen kann man die Google-Suche etwas verfeinern. Zum Beispiel mit dem Befehl „site:facebook.com“. So findet man auch Beiträge von Menschen, die auf ihrem Facebook-Profil eigentlich nichts verraten – aber auch nur, falls sie mal irgendwo etwas öffentlich kommentiert haben.
Natürlich kann man auf diese Weise auch andere Seiten durchforsten. Ich schaue zum Beispiel ganz gern im öffentlichen Archiv der Zeitung „Die Welt“ nach, wenn ich mir nicht sicher bin, wie man etwas schreibt und auch der Duden mir nicht weiterhelfen kann. Ehrlicherweise muss man sagen: So ganz sicher ist sich das Welt-Archiv auch nicht immer.
Neben dem Site-Befehl gibt es noch ein paar andere. Wer nur pdf-Dateien sucht, schreibt hinter seine Suchanfrage „filetype:pdf“. Ähnliche Seiten wie Google findet man mit dem Befehl „related:google.com“. Und mit dem Befehl „link:“ sucht Google Seiten raus, die auf die angegebene Adresse verlinken.
Paul Myers hat die Befehle hier in einer Übersicht erklärt. Und noch ein paar zusätzliche Tipps stehen hier bei Google selbst.
Die Google-Bildersuche ist übrigens auch viel praktischer, als ich immer dachte. Irgendwann hatte ich das kleine Kamera-Symbol schon mal entdeckt, es dann aber leider gleich wieder vergessen.
Man kann dort Bilder hochladen oder deren Adressen angeben und dann schauen, wo sie sonst noch im Netz verwendet werden. Schränkt man die Suche wieder ein, zum Beispiel mit „site:facebook“, sieht man, wo die Fotos bei Facebook so gelandet sind.
Was war noch? Ach ja. Mit dem Werkzeug When-where.net kann man herausfinden, was zu einer bestimmen Zeit an einem bestimmten Ort gepostet worden ist. Auf der Seite kann man allerdings auch leicht hängenbleiben. Das sollte man vielleicht dazusagen.
Noch etwas genauer ist Geofeedia.com. Da kann man sogar einzelne Gebäude markieren und sich anzeigen lassen, was von dort gefacebookt oder getwittert wurde. Einziger Nachteil dort: Man kann sich noch nicht anmelden.
Die Seite Archive.org ist ja schon ziemlich bekannt. Aber für alle, die sie nicht kennen noch mal kurz als Erklärung: Dort kann man nachsehen, wie es früher an einer Netzadresse ausgesehen hat.
Und weil ich gerade schon mal dabei bin. Ein ganz guter Tipp für die Suche bei Twitter ist, sich die „Erweiterte Suche“ mal anzusehen. Hatte ich selbst ehrlich gesagt vorher noch nie gemacht. Daher wusste ich auch nicht, dass man zum Beispiel nach Dialogen zwischen zwei bestimmten Twitter-Nutzern suchen kann.
Wer es jetzt bis hierher geschafft, aber noch immer nichts Neues gefunden hat, den würde ich gerne auf die Seite Researchclinic.net schicken. Die gehört Paul Myers. Da findet man einen Haufen Links und Videos, in denen er ein paar Dinge noch mal etwas genauer erklärt. Neulich bei der Jahrestagung des Netzwerks Recherche in Hamburg hat er übrigens noch einen weiteren Vortrag gehalten. Der ist hier als Video zu finden.